Ist der Mensch ein Tragling?
In der Biologie unterscheidet man 3 Jungentypen, die durch ganz charakteristische Eigenschaften in der Anpassung an die Lebensweise gekennzeichnet sind: Nesthocker, Nestflüchter und Traglinge (aktive und passive).
Nesthocker und Nestflüchter
Nesthocker sind meist nackt und haben geschlossene Augen. Sie sind unselbständig und oft alleine. Sie weinen bei Verlust Ihres Nestkontaktes. Es sichert ihnen Nahrung, Wärme und Schutz. Ihr Verdauungssystem wird angeregt, indem die Eltern den Bauch lecken.
Nestflüchter sind Miniaturausgaben der Elterntiere und können schon bald den Eltern folgen. Die Augen und Ohren sind geöffnet. Sie weinen bei Verlust des Sichtkontaktes zu den Eltern. Ihr Verdauungssystem wird durch die eigene Bewegung angeregt.
Da einige Tierarten und auch Menschen nicht den beiden Jungentypen eindeutig zuzuordnen sind, wurde der Begriff des Traglings entwickelt.
Der allgemeine Entwicklungsstand eines Traglings entspricht dem eines Nestflüchters, jedoch ist der Körperbau noch nicht so entwickelt, dass er den Eltern folgen könnte.
Die Füße und Hände sind einander zugewandt. Dies ermöglicht es den Traglingen ins Fell des tragenden Elternteils zu greifen. Die Schienbeine sind nach innen gebogen (O-Beine)und verbessern so den Halt des Kindes an der Mutter. Die Hüfte ist noch nicht ausreichend entwickelt (Bei einem Kind fasst die Hüftpfanne nur zu 2/5 um den Hüftknochen, bei einem Erwachsenen 3/5). Die Wirbelsäule hat nach der Geburt noch nicht die spätere Doppel-S-Form, sie ist noch gerundet und erinnert an die Haltung im Mutterleib.
Traglinge weinen bei Verlust des Körperkontaktes. Ihr Verdauungssystem wird durch die Wärme und die Bewegung der Mutter angeregt. Hierbei werden beim Kind wichtige Akupunkturpunkte stimuliert.
Aktive und passive Traglinge
Bei den Traglingen unterscheidet man den passiven und den aktiven Tragling.
Passive Traglinge sind z.B. Kängurus. Sie sitzen oder liegen über Monate im Beutel Ihrer Mutter ohne sich dabei festzuhalten. Die Pfoten von passiven Traglingen sind aufgrund ihres Aufbaus nicht dazu in der Lage, sich an der Mutter festzuhalten.
Aktive Traglinge, wie z.B. Affen, halten sich aktiv am Körper des Tragenden fest. Verschiedene angeborene Reflexe sowie der Körperbau (zueinander gewandte Füße, O-Beine) ermöglichen dies.
Und der Mensch? Ist der Mensch ein Tragling? Ja, auch der Mensch wird den Traglingen zugeordnet. Man nimmt an, dass der Mensch eigentlich eine Frühgeburt ist, die Schwangerschaft kann jedoch wegen der Enge des Geburtskanals sowie der Schädelgröße des Säuglings im Verhältnis zum Beckenausgang der Mutter nicht länger dauern. Der Mensch ist nach der Geburt daher noch recht unselbständig.
Reflexe und Merkmale des Traglings
Kontaktweinen – Ein Tragling, der den körperlichen Kontakt zu seinem tragenden Elternteil verliert, fängt an zu weinen. Der Kontakt zu seinem Elternteil gibt ihm die Sicherheit nicht verlassen zu werden, Nähe und Wärme zu spüren und überleben zu können. Dies ergibt sich auch aus unserer Vergangenheit: Als Jäger und Sammler waren die Menschen ständig unterwegs an den verschiedensten Orten, so dass ein Ablegen des Kindes unmöglich war.
Klammerreflex (auch Mororeflex genannt) – Dieser Reflex wird bei lauten Geräuschen oder wenn das Kind aus anderen Gründen erschrickt, ausgelöst. Das Kind führt kräftige Klammerreflexe mit den Armen und Beinen aus. Es versucht, Sicherheit am Körper einer Bezugsperson zu finden.
Spreiz-Anhock-Reaktion – Ein Tragling, der aufgenommen wird, nimmt automatisch die Spreiz-Anhock-Haltung ein. Dabei werden die Beine angezogen und geöffnet. Diese Haltung nimmt der Tragling auch ein, wenn er am Boden liegt und angesprochen wird, etwas interessiert untersucht, weint oder aufgenommen werden möchte. Die Spreiz-Anhock-Haltung ist optimal, um auf der Hüfte der Mutter getragen zu werden.
Palma-Reflex (Handgreifreflex) – Dieser Reflex wird durch ein Berühren der Handflächen oder Fußsohlen ausgelöst. Die Händchen werden unmittelbar geschlossen bzw. die Fußsohlen eingerollt, damit sich der Tragling festklammern kann.
Der Mensch ein Tragling – was bedeutet das?
Die Natur hat vorgesehen, dass der Mensch ein Tragling ist. Wenn Du Dein Baby trägst, befriedigst Du sein Bedürfnis nach Nähe, Geborgenheit und unterstützt Du seine Entwicklung.
Wenn Du noch mehr über die Vorteile des Tragens für Dich und Dein Baby lesen möchtest, kannst Du gerne hier weiterlesen.
Du kannst Dich auch gerne bei uns im Kinderladen in Weinsberg weiter informieren und ein Tragetuch oder eine Tragehilfe ausprobieren.